Ihr Vermögen. Unsere Verantwortung.

Wenn Bob's Blase platzt.

Die Immobilienpreise in Deutschlands Städten steigen und steigen. Geht der Trend weiter oder steuern wir auf eine Blase zu?

Wenn Bob‘s Blase platzt.

Bob der Baumeister erlebt derzeit eine Hochkonjunktur wie er sie selten zuvor erlebt hat. Allerorten wird gebaut, was das Zeug hält, denn in Deutschlands Städten scheint die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen. Entsprechend kennen hier auch die Immobilienpreise nur eine Richtung: aufwärts.

Bei Preissteigerungen von 50% und mehr in den letzten 5 Jahren für Immobilien in Düsseldorf, Frankfurt, München & Co. tut man gut daran, zu hinterfragen, wie nachhaltig dieser Preisanstieg sein kein. Immer häufiger kommt die Frage auf, ob wir uns in einer Immobilienblase befinden oder ob uns diese bevorsteht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Jahre 2008 zu dem Ergebnis kam, dass die Immobilienpreise in Deutschland in den 30 Jahren zwischen 1974 und 2005 real – also inflationsbereinigt – gefallen sind. Per Saldo konnten deutsche Immobilienbesitzer in dieser Zeit somit noch nicht mal einen Inflationsausgleich erzielen. Dieses Bild ergab sich im Übrigen nicht nur für den deutschen Immobilienmarkt, sondern ebenso für die Immobilienmärkte Kanadas, Japans und der Schweiz. Für Deutschland zeigte das DIW seinerzeit sogar auf, dass bis auf eine kurze Zeit nach der Wiedervereinigung die Immobilienpreise real ständig gefallen sind.

Vor diesem Hintergrund fällt der massive Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland in den letzten Jahren in der Tat deutlich aus dem Raster – insbesondere wenn man bedenkt, dass wir – seitdem die Preise in luftige Höhen steigen – nahezu inflationslos durch die Weltgeschichte reisen. Platzt Bob‘s Blase also bald?

Glaubt man den Immobilien-Protagonisten, kann von einer Blase nicht die Rede sein, da – so die Argumentation – der Preisanstieg der letzten Jahre allenfalls die zuvor brotlosen Immobilien-Jahrzehnte ausgeglichen hat. Klingt zugegebenermaßen auf den ersten Blick gar nicht mal so abwegig.

Da der Deutschen allerliebstes Kind seit jeher die Immobilie ist, wird dieses Argument aufgrund unserer recht (st)einseitigen Vorprägung im Zweifel auch schnell auf fruchtbaren Boden fallen und die Sorgen vor einer Blase im Keim ersticken. Das wäre allerdings fahrlässig, denn ganz so einfach ist es nicht.

Wer auf Immobilien setzt, sollte sich zunächst einmal die Frage stellen, ob ein realer – also ein um die Inflationsrate bereinigter – Preisanstieg bei Immobilien langfristig grundsätzlich zu erwarten ist. Klare Antwort: NEIN. Ein langfristiger, realer Preisanstieg ist nur denkbar, wenn unser Einkommen dauerhaft stärker steigt als die Inflation.

Warum ist das so? Weil wir nur dann nachhaltig in der Lage sind, Jahr für Jahr über die Inflationsrate hinaus mehr Geld für die Miete auszugeben. Und weil nur steigende Mieten am langen Ende steigende Immobilienpreise rechtfertigen. Dauerhaft über die Inflationsrate hinaus gehende Einkommenssteigerungen wird die reale Welt jedoch nicht bieten, da dies jeder Volkswirtschaft über kurz oder lang den Hahn abdreht. 

Steigen die Einkommen hingegen nicht stärker als die Inflationsrate, werden sich Immobilienpreise langfristig allenfalls entsprechend der Inflationsrate entwickeln. Das wiederum entspräche einem realen Preisanstieg von 0%.

Dass für Immobilien selbst die schwarze Null eine Herausforderung darstellt, zeigt nicht allein die Analyse des DIW aus 2008. Schließlich ist jede Immobilie dem stetigen technischen und gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt. Man denke beispielsweise nur an unsere über die Jahre veränderten Ansprüche in Bezug auf Raumhöhe, Zimmergröße, Heiztechnik oder Energieeffizienz. Eine Bestandsimmobilie verliert somit ohne jeden Zweifel über die Jahre an Nutz- und Sachwert.

Letztlich kann die Nachfrage nach Immobilien noch so groß sein, am langen Ende bleiben die Preise durch die Einkommen gedeckelt. Sind die Mieten/Kaufpreise in den Städten nicht mehr bezahlbar, zieht die Karawane gezwungenermaßen weiter – in die günstigeren Stadtrandlagen oder gar aufs preiswerte Land.

All das heißt freilich noch nicht, dass Bob‘s Blase platzt. Es verdeutlicht aber, dass sich Immobilien im Allgemeinen über die Mietrendite rechnen müssen und dass der Immobilien zumeist zugesprochene Inflationsschutz alles andere als gesetzt ist. Steigen Immobilienpreise über einen längeren Zeitraum stärker als die Einkommen ergibt sich folgerichtig eine Überbewertung des Marktes. Die jüngste Entwicklung der Immobilienpreise in Deutschlands Städten sollte also durchaus zur Vorsicht mahnen.

Zudem stimmen auch die folgenden Aspekte bedenklich:

1. Demographie frisst Käufer und spuckt Immobilien.

Deutschland überaltert. Die Generation der Babyboomer geht also in Rente und trennt sich zunehmend von ihren Immobilien – weil das Haus zu groß, die Rente zu klein, das Leben zu schön oder die Pflege zu teuer ist. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Käufer und Mieter ab, da schlicht zu wenige nachwachsen und die Ver-Single-ung der Haushalte als bisheriger Turbo der Nachfrage bereits weit vorangeschritten ist.

2. Gut geerbt, ist halb verkauft.

Aufgrund des Wohlstands der Nachkriegsgeneration werden in den nächsten Jahren  Immobilien im Wert von vielen Milliarden Euro an die Nachfolgegeneration vererbt. Viele Erben werden diese Immobilien nicht halten, sondern verkaufen. Dadurch steigt das Immobilienangebot, während gleichzeitig die Nachfrage – siehe oben – abnimmt.

3. Normalisierung der Zinssätze torpediert Immobiliennachfrage.

Die historisch niedrigen Mietrenditen von Immobilien von derzeit zumeist unter 3% stehen in direkter Konkurrenz zum Kapitalmarktzins. Übersteigt dieser die Mietrendite, bleibt die Nachfrage opportunistischer Immobilien-Investoren aus. Zudem können sich viele Eigenheimkäufer ihre Immobilie derzeit nur aufgrund der extrem niedrigen Zinsen leisten. Steigt der Finanzierungszins von aktuell ca. 1% (Festzins für 10 Jahre)  auf historisch immer noch äußerst günstige 3%, verdreifachen sich entsprechend die Zinskosten. Aus 500 Euro Zinsen pro Monat werden kurzerhand 1.500 Euro. Der Eigenheimkauf bleibt für viele dann nur ein Traum. Und die Nachfrage ebbt ab.

4. Neue Mobilität rückt Städte näher ans Land.

Zugegeben, dieses Argument klingt zunächst etwas abstrus und greift der Zeit ein wenig voraus. Ein bisschen Phantasie schadet an dieser Stelle daher nicht. Vielleicht genügt aber auch schon die Erkenntnis, dass unsere Zeit immer schnelllebiger wird und mit ihr auch die technischen Entwicklungen. In wenigen Jahren werden für uns selbstfahrende Autos ebenso selbstverständlich sein, wie wir uns heute an ein Leben ohne Smartphone nicht mehr erinnern können – und das, obwohl es Smartphones erst seit gut 10 Jahren gibt. Worauf will ich hinaus?

Während die tägliche Fahrt zwischen Arbeitsstätte und Wohnort bisher noch sehr ineffektiv verstreicht, führt die neue Mobilität dazu, dass wir Fahrzeiten zukünftig sinnvoll nutzen können. Fahrzeiten verlieren somit sukzessive ihren Graus. Zugleich wird der Straßenverkehr dank selbstfahrender Autos effektiver, da weniger Unfälle und damit gleichzeitig weniger Staus zu verzeichnen sind.

Folgerichtig wird das Leben auf dem Land attraktiver – noch attraktiver als es in meiner im Vergleich zur Stadt sehr preisgünstigen oberbergischen Hazienda ohnehin schon ist. Hier blicke ich ins weite Grün statt auf Nachbars städtischen Balkongrill. Und hier kriegen meine Jungs Schnappatmung vom Fuß-Galopp über Wiesen und Felder statt von Abgasen.

Und mit den ebenfalls absehbaren Fliewatüüts (sprich: bemannte Drohnen) sind meine Burschen in einigen Jahren ratzfatz im Trubel der Stadt – sofern‘s denn mal danach gelüstet. Die Stadt rückt durch die neue Mobilität also in der Tat näher ans Land. Und damit werden sich auch die Immobilienpreise von Land und Stadt wieder angleichen. Abstrus? Abwegig? Mitnichten. Die Zeit holt uns ein. Sie werden sehen.

F A Z I T:

Die Preise für Stadtimmobilien wurden in den letzten Jahren insbesondere durch irrational günstige Zinsen aufgebläht. Zusätzlich hat der hohe Bedarf an Singlewohnungen und der Trend zum Leben in der Stadt die Nachfrage erhöht und entsprechend preistreibend gewirkt.

Bei der Ver-Single-ung der Haushalte handelt es sich allerdings um einen Einmaleffekt, der als weitestgehend abgeschlossen gelten kann, da

  1. bereits ein hoher Anteil an Single-Haushalten existiert und
  2. unsere Bevölkerungspyramide deutlich weniger Single-Haushalte nachwachsen lässt.

Und was den Trend zum Leben in der Stadt betrifft, sollten wir uns auch nichts vormachen. Dieser Trend ist wie alle Trends im Leben zyklisch. Und so wird es kommen, wie es immer kommt: Der Wind dreht sich und der Trend läuft sich aus. So wird aus Landflucht über kurz oder lang wieder Stadtflucht. Willkommen im Oberbergischen!  

Es gibt also viele gute Gründe, warum sich die heiße Luft bei den städtischen Immobilienpreisen ihr Ventil suchen wird. Bob‘s Blase muss nicht zwangsläufig theatralisch platzen. Vielleicht ist Bob das Glück ja hold und statt einzelner Ballon-Fetzen hält er am Ende nur einen schlabbrig-leeren, schrumpeligen Luftballon in seinen Händen und denkt wehmütig an die einmalig gute Zeit zurück.