Ihr Vermögen. Unsere Verantwortung.

Ist Ihr Portfolio ausreichend diversifiziert? (TEIL 1)

Vermutlich werden die meisten Anleger diese Frage mit einem überzeugten „Ja“ beantworten. Schließlich gilt eine ausreichende Risikostreuung als die wichtigste Basis bei der Kapitalanlage. Doch wie sieht erfolgreiche Risikostreuung in der Praxis eigentlich aus? Das Wissen allein, dass man nicht alle Eier in einen Korb legen soll, reicht nicht aus, wenn man nicht weiß, wo die anderen Körbe stehen. Zu wissen, wie man singt, heißt schließlich noch lange nicht, dass man gut singt.

Mit Theorie und Praxis ist das auch bei der Risikostreuung so eine Sache. Wer sein Vermögen in der Vergangenheit breit auf eine Vielzahl an Aktien gestreut hat, kennt das Problem. Nehmen wir beispielsweise mal den bekanntesten weltweiten Aktienindex – den MSCI World TR (TR steht hierbei für Total Return und bedeutet, dass Dividenden bei der Performanceberechnung berücksichtigt werden).

Der MSCI World TR enthält derzeit 1.653 Aktien aus 23 Industrieländern und 11 unterschiedlichen Branchen. Doch selbst diese breite Streuung konnte nicht verhindern, dass der Index zwischen Herbst 2000 und Frühjahr 2003 sowie zwischen Sommer 2007 und Frühjahr 2009 jeweils über 50% verlor. Dabei mussten Anleger in der Spitze länger als 13 Jahre warten, bis sie ihr ursprünglich eingesetztes Kapital wieder erlangt hatten. Berücksichtigt man diese Risikokennziffern, erscheint die Rendite von 6,01% p.a., die man mit weltweiten Aktien in den vergangenen 20 Jahren erzielen konnte, als nicht allzu überzeugendes Schmerzensgeld. Unter diesem Blickwinkel stellt sich Risikostreuung somit als eher zahnloser Papiertiger dar.

Erkenntnis Nr. 1

Egal wie breit man streut – allein mit Aktien lässt sich Risikostreuung nicht erfolgreich umsetzen.

Schauen wir uns daher nun einmal an, wie sich Risikostreuung auswirkt, wenn wir unser Vermögen nicht nur auf Aktien verteilen, sondern mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen zusätzlich die wichtigsten verbliebenen Anlageklassen berücksichtigen.

Zu diesem Zweck betrachten wir ein ausgewogenes, breit diversifiziertes Portfolio, welches sich wie folgt zusammensetzt:

20%Aktien weltweit ohne Euroraum
MSCI World ex EMU TR
20%Aktien Euroraum
MSCI EMU TR
20% Staatsanleihen Global ohne Euroraum
Citi WGBI ex-EMU Government TR
20% Staatsanleihen Euroraum
JPM EMU Government Bond TR
20% Rohstoffe
Bloomberg Commodity TR

Damit die ausgewogene Gewichtung des Portfolios auch über die Jahre erhalten bleibt, erfolgt halbjährlich eine Anpassung der einzelnen Quoten an die ursprüngliche Gewichtung (Rebalancing).

Auf den ersten Blick sieht die Entwicklung dieses Portfolios in den letzten 20 Jahren erfreulich aus.

Bei einer genaueren Betrachtung der Ergebnisse bleibt eine gewisse Ernüchterung allerdings nicht aus:

Rendite in % p.a.:4,84%
Maximaler Verlust:26,48%
Längste Verlustphase:4,98 Jahre

Zwar konnten gegenüber einer reinen Aktienanlage die Risiken halbiert werden, das Verhältnis von Ertrag zu Risiko ist aber weiterhin recht unbefriedigend – insbesondere wenn man bedenkt, dass die Rendite von 4,84% p.a. vor Kosten und Steuern gilt.

Als zusätzliches Problem stellt sich dar, dass die Anleihen im Portfolio aufgrund der Null- und Niedrigzinsen in der heutigen Zeit kaum noch einen Beitrag zur Performance beitragen können. Damit lässt ein Blick nach vorne erwarten, dass unser breit diversifiziertes Portfolio zukünftig (noch) weniger Erträge abwirft.

Für eine Rendite von 4% ist sicherlich nicht jeder bereit, zwischenzeitliche Verluste von über 25% und Verlustphasen von 5 Jahren zu erdulden.

Erkenntnis Nr. 2

Mit einer breiten Risikostreuung auf die traditionellen Anlageformen Aktien, Anleihen, Währungen und Rohstoffe wird aufgrund enttäuschender Risikokennzahlen kein überzeugendes Chance/Risikoverhältnis erzielt.

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis kommt zwangsläufig die Frage auf, warum Risikostreuung bei der Kapitalanlage überhaupt einen derart hohen Stellenwert zugemessen bekommt.

Aus obigen Ergebnissen lässt sich zudem eine weitere, für viele vermutlich überraschende Erkenntnis ableiten. Derzeit gelten passive Investments wie ETFs bei privaten, wie institutionellen Anlegern als der Weisheit letzter Schluss. Doch obige Zahlen zum weltweiten Aktienindex sowie zu unserem aus renommierten Indizes zusammengestellten Portfolio verdeutlichen, dass auch mit passiven Index-Investments die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Erkenntnis Nr. 3

Die Ergebnisse passiver Index-Investments, wie ETFs sie beispielsweise darstellen, werden in der Breite überschätzt und führen unter Berücksichtigung der Risikokennzahlen nicht zu überzeugenden Ergebnissen.

Es wäre an dieser Stelle allerdings deutlich zu kurz gesprungen, unser Problem allein an der passiven Indexorientierung festzumachen. Denn – die Ergebnisse aktiver Manager können ebenso wenig überzeugen.

Obiger Chart sowie die Tabelle spiegeln anhand der Indizes des Fondsanalysehauses Morningstar die Ergebnisse vermögensverwaltender Fonds (VV-Fonds) mit unterschiedlicher Risikotoleranz in den letzten 20 Jahren wieder.

Das Bild ist ernüchternd: Auch professionellen Fondsmanagern ist es nicht gelungen, einen erkennbaren Mehrwert aus Risikodiversifikation zu erzielen.

Erkenntnis Nr. 4

Selbst bei profunder Marktkenntnis führt traditionelle Risikodiversifikation mit Aktien, Anleihen, Währungen und Rohstoffen in der Breite zu enttäuschenden Ergebnissen.

Auf die in der Überschrift formulierte Frage, ob Sie mit Ihrem Portfolio ausreichend diversifiziert sind, werden vermutlich auch Sie mit „Ja“ geantwortet haben – allein nutzen tut es Ihnen nichts. Derzeit helfen die überdurchschnittlich erfolgreichen letzten Jahre an den Aktienmärkten vielleicht etwas, über diese Probleme hinweg zu sehen. Bei langfristiger, nüchterner Betrachtung lassen die zuvor dargestellten Erkenntnisse allerdings nur einen Schluss zu:

Traditionelle Risikostreuung wird bei der Kapitalanlage überschätzt.

Mit der Bedeutung der Risikostreuung verhält es sich also ähnlich wie mit dem Eisengehalt von Spinat. Dieser wurde uns von fürsorglichen Müttern über Jahrzehnte irrigerweise als wahre Eisenbombe angepriesen. Dabei hatte lediglich ein recht theoretischer wissenschaftlicher Ansatz mit Trockenspinat den Eisengehalt um eine Nachkommastelle – und damit um das 10-fache – zu hoch ausfallen lassen.

So darf es am Ende nicht verwundern, dass auch die Finanzwissenschaft bei theoretischen Trockenübungen festgestellt hat, dass eine entsprechende Risikostreuung zu einem besseren Chance/Risikoverhältnis bei Kapitalanlagen führt.

Dem ist in der Theorie in der Tat nicht zu widersprechen. Schließlich gehen die oben genannten 6,01% Rendite bei Aktien mit zwischenzeitlichen Verlusten von 59,7% einher, während die 4,84% Rendite bei unserem ausgewogenen Portfolio lediglich 26,5% Schnappatmung mit sich bringen. Somit führt jeder Prozentpunkt Rendite bei Aktien zu einem Verlustrisiko von 9,9% (59,7% / 6,01% = 9,93%). Bei unserem breit gestreuten Portfolio wird jeder Prozentpunkt Rendite hingegen mit einem Verlust von lediglich 5,5% erkauft (26,5% / 4,84% = 5,48%).

So gut die nackten Zahlen in der Theorie klingen, so wenig überzeugend fühlen sie sich in der Praxis allerdings an.

Um mit den eigenen Kapitalanlagen wirklich erfolgreich zu sein, muss es also deutlich mehr sein, als althergebrachte Risikostreuung.

In unserem zweiten und letzten Teil erfahren Sie in Kürze, welches die wahren Erfolgsfaktoren bei der Kapitalanlage sind.